PORTRÄTS OHNE GRENZEN
Tip Berlin, Ausgabe 02/22 vom 20.01.2022
Blick auf den Anderen
„Das Mirakel des Iason“ (2018) aus der Serie SURFACES von Koschies
Die Grenzen der Porträtfotografie sollten für die Gruppenausstellung „Porträts ohne Grenzen“ in der Fotogalerie Friedrichshain ausgelotet werden. Kein leichtes Unterfangen im Zeitalter der digitalen Selfies, in dem das Inszenieren und Manipulieren von Bildern alltäglich ist. Der Großteil der eingeladenen internationalen Fotograf:innen setzt Statements, wie zum Beispiel Aljohara mit ihrer Anklage gegen Genitalverstümmelung, indem sie die Klitoris zur wertvollen glänzenden Perle stilisiert, und Iness Rychlik mit ihrer eigenen Haut, die sie als Leinwand für Schmerz, Einsamkeit und Gewalt nutzt.
Die Grenzen der Porträtfotografie tatsächlich überschritten hat das Potsdamer Duo Koschies mit dessen Schlitzkamera-Aufnahmen. Hier werden die Fotografierten in einem Zeitraum von 30 Sekunden auf sich permanent bewegendem Film abgelichtet und erscheinen als Abbild in einer ineinander übergehenden zeitlichen und räumlichen Achse. Die abgebildeten Modelle erscheinen in einer Rundumsicht, in der emotionale Veränderungen im Laufe der Aufnahme kartographiert werden. Auf diesem Weg versucht das Duo, wie die meisten Porträtierenden, der menschlichen Seele näherzukommen.
Constanze Suhr
Fotogalerie Friedrichshain,
Internationale Gruppenausstellung,
10. Dezember 2021 – 4. Februar 2022