MEDIA

THE HUMAN RACE

Hanau Post vom 14.11.2011

 

Zeit und Raum verschmelzen

Galerie Fototreppe 42 zeigt mit „The Human Race“ außergewöhnliche Technik

Von Dieter Kögel

 

Grobkörnig erscheinen die menschlichen Figuren auf den großformatigen Schwarz-weiß-Fotografien von „Koschies“ aus Potsdam. Und die Figuren sind immer in Bewegung, laufen, rennen, hetzen, jagen sich. Was sich nicht bewegt, was statisch ist, wird von der Schlitzkamera nicht erfasst und zerfranst zu diffusen Grauflächen oder Streifen. Einem nicht zu definierenden Raum, in dem sich der Mensch bewegt. Bilder aus dem Zyklus „The Human Race“ des Künstlerehepaares Axel und Birgit Koschies sind seit Samstag in der Galerie Fototreppe 42 von Jochen Stenger in der Taunusstraße 56 zu sehen.

Axel Koschies erläutert bei der Vernissage zur Ausstellung „The Human Race“ die Technik der Schlitzfotografie, die Bewegungsabläufe einfängt. Foto: Dieter Kögel

Die Galerie für zeitgenössische Schwarzweiß-Fotografie offenbart eine ganz neue und seltene Facette. Denn Zeitabläufe werden durch die Aufnahmetechnik mit der in den 30er Jahren zunächst für militärische Zwecke eingesetzte Technik der Schlitzkamera in Raum umgesetzt. Aus einem zeitlichen Nacheinander wird ein räumliches Nebeneinander, so Hanaus Museumsleiter Richard Schaffer-Hartmann. Vier Sekunden Zeitablauf werden auf den rund zwei Meter breiten Fotos festgehalten. Ein fast unvorstellbarer Vorgang, den Axel und Birgit Koschies nicht müde wurden zu erläutern.

Denn der Fotoapparat verfügt statt über einen normalen Verschluss über einen haarfeinen Schlitz. Hinter diesem bewegt sich ein Rollfilm mit einer dem bewegten Objekt angepassten Geschwindigkeit vorbei und bildet eben nur das bewegte Objekt ab. Weichen die Geschwindigkeiten von Filmtransport und Objekt voneinander ab, kommt es zu Verzerrungen, Deformationen, optischen Irritationen.

Jenseits der schwer zu vermittelnden Darstellung der vierten Dimension im Bild wirken die Arbeiten allerdings auch in anderer Hinsicht nachhaltig. Da die Kamera jedwede realen Bezugspunkte zur Umgebung ausblendet, drängt sich dem Betrachter die Frage nach dem Grund für all die Hetze und Eile auf. Hetze und Eile in einem nahezu sterilen Raum, in einem Vakuum. „Niemals zuvor waren so viele Menschen permanent einer derart hohen Lebensgeschwindigkeit und damit auch Überlebensgeschwindigkeit ausgesetzt. Wer sich nicht mit der gesellschaftlich vorgegebenen Geschwindigkeit bewegt, wird nicht mehr oder nur undeutlich wahrgenommen,“ heißt es in Koschies Erläuterungen zu „The Human Race“.

Die Ausstellung dauert noch bis zum 11. Dezember, sie ist von 15 bis 18 Uhr geöffnet.