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MIRAKEL – BILDER AUS DER VIERTEN DIMENSION

Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ) vom 14.10.2015

 

Bilder aus einer anderen Dimension

Das Potsdamer Künstlerpaar Koschies fotografiert auf eine ganz außergewöhnliche Weise: mit einer Schlitzkamera. Diese Technik ermöglicht es ihnen, Bilder voller Dynamik und Verzerrung zu erschaffen. In der Galerie Kunst-Kontor in Potsdam ist eine Auswahl der Werke aus einem Vierteljahrhundert noch bis Ende Oktober ausgestellt.

Koschies, „Burning Life“ von 2011

Potsdam. Foto ist nicht gleich Foto. Manchmal ist ein Foto auch ein Wunder. Zum Beispiel, wenn es eine vierte Dimension erschafft – eine, die man mit bloßem Auge gar nicht erkennen kann. Das Künstlerpaar Koschies erzeugt mit einer Schlitzkamera genau solche Wunder. Einige davon sind in der aktuellen Ausstellung „Mirakel – 25 Jahre Koschies“ in der Galerie Kunst-Kontor in Potsdam zu sehen.

Mit einer analogen Schlitzkamera hat im Jahr 1990 alles angefangen. Das Besondere an sogenannten Schlitzfotos ist, dass sie nicht zu einem Zeitpunkt, sondern über einen längeren Zeitraum hinweg aufgenommen werden. Menschen oder Objekte bewegen sich vor einem haarfeinen Schlitz, der permanent belichtet wird, während sich der Film in der Kamera weiterdreht. Dadurch entstehen vierdimensionale Bilder voller Dynamik und Verzerrung.

Koschies zeigen auf ihren Fotos nicht den Raum, sondern die Zeit. Daher bewegen sie sich irgendwo zwischen Film und Fotografie. „Das zeitliche Nacheinander wird im Bild ein räumliches Nebeneinander“, sagt Birgit Koschies. Was während der Aufnahme innerhalb von drei Sekunden passiert, zeigt das entwickelte Bild am Ende, von links nach rechts gelesen, nacheinander. Die Beine der Figuren schweben über dem Boden, die Körper sind gestreckt. „Alles, was schneller als der Film ist, wird zusammengestaucht. Ist es langsamer oder steht, wird es zu einem langgezogenen Streifen“, erklärt Axel Koschies.

Koschies, „Augenlicht“ von 2015

Seit 2011 benutzt das Künstlerpaar aus Potsdam zusätzlich eine digitale Schlitzkamera, die farbige Aufnahmen zulässt. Die Farbe kommt besonders auf den jüngsten Bewegungsstudien der Koschies zur Geltung. Seit diesem Jahr wagen sie sich an die Natur und an Porträts. In „Augenlicht“ etwa hält die Kamera die Bewegung eines Astes und seiner Blätter fest. Die Dynamik wirkt durch das satte Grün eindrucksvoll. „Für unsere Aufnahmen brauchen wir immer Bewegung, in diese Fall Wind – oder besser gesagt Sturm“, sagt Axel Koschies. Ein einziges Bild erfordert hohen Aufwand. 50 Bilder produzieren die Künstler pro Motiv für die Tonne. Vor allem auch, weil man bei der Aufnahme nicht kontrollieren kann, was fotografiert wird. Zudem sind alle Bilder inszeniert und nicht immer laufen die „Opfer“, wie Axel Koschies die Porträtierten nennt, schnell oder langsam genug durch das Bild.

Luise Fröhlich

Info: Die Ausstellung „Mirakel – 25 Jahre Koschies, Bilder aus der 4. Dimension“ ist noch bis zum 31. Oktober in der Galerie Kunst-Kontor, Bertinistraße 16b in Potsdam zu sehen. Geöffnet ist am Dienstag und Mittwoch von 15 bis 19 Uhr, am Donnerstag von 15 bis 20 Uhr und am Samstag von 13 bis 18 Uhr.